Wieviel Mama und Papa braucht das Kind?

Berufstätige Mütter mit kleinen Kindern und das Kind fremd betreuen lassen: die Meinungen sind nach wie vor mehr als gespalten. Oft wird befürchtet, dass mütterliche Berufstätigkeit und Fremdplatzierung der Kinder die Erziehungsfunktion der Familie untergraben und das Kind Schaden nehmen kann. Väter bleiben eigenartigerweise aussen vor. Während Frauen schnell als Rabenmütter gelten, werden Väter, die am Freitag zu Hause Windeln wechseln und zu den Kindern schauen, zu Superpapis. An Mütter werden ganz andere Erwartungen gestellt. Sie sollen sich hingebungsvoll um Familie und Kind kümmern, ein abwechslungsreiches Familienleben organisieren und dem Mann Partnerin und Geliebte sein – und darüber hinaus auch beruflich weiterkommen.

Tut Fremdbetreuung den Kindern gut? Die beiden Lager in der Forschung

Für mehr als zwei Drittel der Kleinkinder in der Schweiz ist Fremdbetreuung ein Teil ihres Lebens. Als wichtige Errungenschaft der Moderne ermöglicht sie Müttern und Vätern, Kindererziehung und Berufstätigkeit miteinander zu vereinbaren. Trotzdem machen sich viele Eltern Sorgen über die Auswirkungen von Fremdbetreuung. Deshalb lösen Medienberichte mit ihren pro- und contra-Botschaften nicht nur ein grosses Echo, sondern auch emotional und polemisch geführte Debatten aus. Manchmal wird gar von «Krippenkrieg» gesprochen. Krippenkinder seien aggressiver, heisst es. Deshalb sollten Kleinkinder zu Hause betreut werden.

Welche Antworten hat die Forschung auf solche heiklen Diskussionen? Tut Fremdbetreuung den Kindern gut oder schadet sie? Hierzu gibt es eine grosse Anzahl an Untersuchungen, die auf beide Fragen sowohl ein tendenzielles Ja als auch ein Nein zulassen. Man kann das Glas somit als halbvoll oder als halb leer betrachten, denn es gibt auch in der Forschung zwei Lager. Während beide Lager in Bezug auf die intellektuelle kindliche Entwicklung zum gleichen Schluss kommen – dass sich fremdbetreute Kinder mindestens ebenso gut oder besser entwickeln als ausschliesslich zu Hause betreute Kinder – unterscheiden sie sich im Hinblick auf das Sozialverhalten. Das eine Lager konstatiert, dass Krippenkinder in der Schule sozial kompetenter, selbstbewusster und durchsetzungsfähiger sind, sich weniger zaghaft verhalten und insgesamt kooperativer zeigen. Das andere Lager – und zu diesem gehört der oft zitierte Jay Belsky – berichtet von Verhaltensschwierigkeiten und Bindungsstörungen. Demnach können Krippenkinder auch unhöflicher, ungestümer, gereizter und aggressiver werden. Belsky selbst schränkt seine Erkenntnisse jedoch immer wieder ein: Schädlich könne Fremdbetreuung dann sein, wenn Kinder sehr früh und sehr intensiv ausserfamiliär betreut würden, wenn diese Betreuung qualitativ nicht gut sei und wenn Kinder zu Hause keine sichere Bindung an die Eltern hätten.

Kleinkinder können von einer guten Kita profitieren

Zusammengefasst schadet die Kita dem Kind nicht, aber sie kann ein Risiko sein – nicht mehr und nicht weniger. Kinder, die sicher an ihre Eltern gebunden sind, ein Urvertrauen entwickelt haben und in der Kita sorgfältig eingewöhnt wurden, leiden kaum wegen einer zeitweiligen Abwesenheit der Mutter und/oder des Vaters. Wenn die ausserhäusliche Betreuung qualitativ gut ist und nicht zu häufig wechselt, können Kleinkinder von ihr profitieren.

Doch ein wesentlicher Punkt geht in der Debatte meist vergessen: dass die Wirkungen der Kita (oder einer Tagesfamilie etc.) nicht unabhängig von den Wirkungen der Familie beurteilt werden dürfen, sondern nur in ihrer Kombination. Positive und negative Einflüsse einer Fremdbetreuung auf der einen und der Familie auf der anderen Seite können einander verstärken, schwächen oder ausgleichen und deshalb zu unterschiedlichen Entwicklungsverläufen führen. Weil zudem die Forschung nachweist, dass der Einfluss der Familie grösser ist als derjenige der Fremdbetreuung, dürften die Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten tendenziell eher in der Familie liegen. Glückliche Eltern haben in der Regel glückliche Kinder.

Die Kita ist kein Ersatz für die Kernfamilie

Der Mama-Papa-Kind-Mythos ist überholt. Damit ein Kind gesund aufwachsen und sich gut entwickeln kann, muss es nicht ausschliesslich von den Eltern betreut werden. Familienergänzende Betreuungsangebote leisten ähnlich gute Arbeit – unter der Voraussetzung, dass die Qualität gut ist.

Trotzdem kommt den Eltern im Aufwachsprozess der Kinder eine Schlüsselrolle zu. Die Merkmale der Familie inklusive die Qualität der Beziehungen und des Anregungsmilieus sind von grosser Bedeutung für die kindliche Entwicklung. Eine familienergänzende Betreuung kann deshalb immer nur als positive Ergänzung zur Kernfamilie des Kindes betrachtet werden, nie als Ersatz. Vater und Mutter – respektive bei lesbischen und schwulen Paaren: das männliche und das weibliche Element – sind die wichtigste Sozialisationsinstanz des Kindes, und dafür tragen sie die Verantwortung. Auch genügend Kita-Plätze können ihnen dies nicht abnehmen. 

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