erschienen in: Aargauer Zeitung / Die Nordwestschweiz, 10.12.2021, 2. «Try again. Fail again. Fail better.» Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern. Scheitern ist unumgänglich, und die Kunst besteht darin, nicht aufzugeben. Diese geflügelten Worte von Samuel Beckett spiegeln sich in manchen Lebenshilfebüchern wie «Die Kunst des Scheite...
TEIL I des Essays im Folio der NZZ, 03.05.2021, S. 58-61 Es muss nicht jeder und jede ins Gymnasium, manche wären in einer Berufslehre besser aufgehoben. Die Berufsbildung braucht dringend leistungsstarke Jugendliche! Diese Argumentation ist richtig, doch gilt sie vor allem für solche mit praxisorientierten Begabungen, die sich weniger für aka...
Aargauer Zeitung / Die Nordwestschweiz, 23.10.2019, 4. Kennen Sie Ihren Intelligenzquotienten? Oder den Ihrer Kinder? Wenn nicht, sollten Sie dies vielleicht nachholen. Denn nur so können Sie abschätzen, ob Sie oder Ihr Nachwuchs zu den 70 Prozent der Bevölkerung gehören, die in der Nähe des Mittelwertes liegen (100 Punkte), zu den 15 Prozent der ü...
Am 9. September 2019 erscheint unser Buch "Arbeiterkinder und ihre Aufstiegsangst. Probleme und Chancen von jungen Menschen auf dem Weg nach oben". Verlag Barbara Budrich: https://shop.budrich-academic.de/produkt/arbeiterkinder-und-ihre-aufstiegsangst/?v=1ee0bf89c5d1 Hier ein Auszug aus meiner Einleitung. Bildung und Ausbildung sind in allen modernen Gesellschaften zu entscheidenden Größen für die soziale Platzierung der Individuen und die beruflichen Chancen im Lebensverlauf geworden. Demnach ist zentral, wie die Bildungschancen verteilt werden und welche Rolle dabei die soziale Herkunft spielt. Als besonders problematisch erweist sich die im Zuge...
Das Gymnasium ist Schuld, dass der Berufsbildung die guten Lehrlinge fehlen. Diese Aussage hört man immer wieder, wenn es um den Lehrlingsmangel geht. Die Berufsbildung sieht sich als Verliererin. Aber ist das Gymnasium wirklich der Prügelknabe? Eher nicht, denn gute Lehrlinge fehlen der Berufsbildung nicht einfach deshalb, weil sie sich fürs Gymnasium entscheiden. Die Hauptursache liegt in den sinkenden Schülerzahlen, welche die Berufsbildung gegenwärtig besonders spürt. Denn nach wie vor wählen gleich viel oder etwas mehr Jugendliche das Gymnasium oder eine...
Im Kanton Zürich hat ein Sechstklässler im letzten Frühling die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium nicht bestanden, weil sein Aufsatz nur mit einer 2 benotet worden war. Die Eltern rekurrierten, zuerst bei der Bildungsdirektion, dann beim Verwaltungsgericht. Dieses hat nun entschieden, dass der Aufsatz neu beurteilt werden muss*. Dies ist noch keine bemerkenswerte Geschichte. Bemerkenswert ist jedoch, dass Rekurse in allen Kantonen zunehmen und auch vor der Universität nicht Halt machen. Erstaunlicherweise sind es auch hier noch die Eltern und nicht die Studierenden...
Wer in der Schweiz die Chance bekommt, das Gymnasium zu besuchen, stammt wahrscheinlich aus einer gut situierten Familie. Arbeiterkinder oder solche aus einfachen Migrantenfamilien haben hingegen fünfmal schlechtere Chancen – wohlverstanden bei gleichen Schulleistungen. Zu diesem Schluss kommen verschiedene Studien*. Weshalb dem so ist, erklären sie mit den primären und sekundären Herkunftseffekten: Die primären Effekte werden für das Phänomen verantwortlich gemacht, dass Arbeiterkinder im Durchschnitt schlechtere Schulnoten als besser situierte Kinder haben. Die Ursache wird dabei in der geringeren Anregung und...
Das Gerede von der Akademikerschwemme ärgert mich, auch deshalb, weil Berufsbildung und Gymnasium immer wieder gegeneinander ausgespielt werden. Es muss nicht jeder studieren, heisst es, leistungsstarke Schüler wären in einer Berufslehre oft besser aufgehoben als im Gymi. Stimmt! Und zwar für solche, die eigentlich handwerkliche Begabungen hätten, sich aber kaum für akademische Inhalte interessieren und die Matura nur mit Ach und Krach hinkriegen. Für eine jenseits junger Migranten nahezu unbeachtete Gruppe trifft jedoch Umgekehrtes zu: Kinder aus einheimischen Arbeiterfamilien, die das...
Tatsache ist: Viele Kinder gehen heute ins Gymnasium, die vor 15 Jahren noch eine Berufslehre gemacht hätten. Tatsache ist auch, dass fast 100% der Kinder aus Akademikerfamilien eine Matura machen, der Anteil derjenigen aus Arbeiter- und benachteiligten Migrantenfamilien jedoch nach wie vor nicht mehr als 20% bis 30% beträgt und in den letzten zwanzig Jahren kaum gestiegen ist. Das bedeutet, dass die oft geforderte Chancengleichheit vor allem eine ist, die gut situiert aufwachsende Kinder begünstigt. Solche Kinder finden den Weg viel...
erschienen in: Aargauer Zeitung, Die Nordwestschweiz, 11.08.2014 Es ist eigenartig: Die Schweizer Berufsbildung geniesst einen ausgesprochen guten Ruf, doch gehen ihr langsam die Lehrlinge aus. Noch 2007 hätte man sich nicht vorstellen können, dass viele Betriebe sieben Jahre später in bestimmten Berufen händeringend junge Menschen für eine Berufsausbildung suchen. Die Forderung des Gewerbes nach einem Umdenken in der Bildungspolitik ist deshalb nur zu unterstützen. Zwar tun Bund und Kantone mit gezielten Kampagnen ausgesprochen viel. Auch viele Betriebe haben entdeckt, dass sie...