Gut ausgebildete Frauen auf dem Heiratsmarkt

Junge Frauen sind im Vormarsch. Dass sie die Bildungsaufsteigerinnen sind, zeigt sich auch daran, dass etwa 55% der Studienanfänger weiblich sind. Das ist im Vergleich zu den 1930er Jahren, als meine Eltern geboren wurden, eine Revolution. Damals hatten 60% der Frauen gar keine Ausbildung. Bildung ist somit zum wesentlichen Faktor von Veränderung geworden, weswegen sich die Frauenleben in den vergangenen Jahrzehnten so rasant verändert haben.

Nun lässt jedoch eine neue Studie die Befürchtung aufkommen, die gute Bildung könnte für junge Frauen im Hinblick auf ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zum Bumerang werden. In Deutschland hat das Nationale Bildungspanel – mit 60 000 Teilnehmenden und 85 Millionen Euro die größte Längsschnittstudie der Welt – neue Befunde zu Tage gefördert, welche in diese Richtung weisen. Um den Soziologen Hans-Peter Blossfeld untersucht die Studie die Lebensläufe von 60 000 Deutschen aller Altersstufen, also vom Neugeborenen bis zur Rentnerin.

Besonders interessant ist die Studie in Bezug auf den Heiratsmarkt, den sie ebenfalls beforscht hat. Angesichts der weiblichen Bildungsexpansion könnte man erwarten, dass sich auch das Heiratsverhalten geändert hat. Ein häufiges Muster im klassischen Ehe-Modell der letzten Jahrzehnte war ja, dass die Männer sich bei der Partnerwahl in Bezug auf das Bildungsniveau nach unten und die Frauen nach oben orientierten: Der Chef heiratete seine Sekretärin, der Arzt ehelichte seine Sprechstundenhilfe. Anzunehmen ist somit, dass heute eine Ärztin eher einen Pfleger heiratet oder eine Chefin eher ihren Buchhalter und dass beide deshalb den Eltern und Freunden gegenüber erklärungspflichtig werden, weil sie nicht der Norm entsprechen. Dieses erwartete Muster ist aber nicht eingetroffen. Das Verhalten von Männern und Frauen bei der Partnerwahl ist weitgehend gleich geblieben. Kann das gut gehen?

Nein, sagt die Studie und belegt dies mit einfachen Daten: 55% der Studienanfänger sind Frauen, 45% Männer. Von diesen 45% suchen sich durchschnittlich 10% bis 15% eine Frau mit einem niedrigeren Bildungsniveau. Dann bleiben 30% Männer für 55% Frauen auf der hohen Bildungsebene. Wie reagieren Frauen auf diese Situation? Und, was sollen sie tun, wenn sie – jung und gut ausgebildet – einen Partner auf Augenhöhe finden und sich nicht nach unten orientieren wollen?

Geht es nach den Forschern des Bildungspanels, dann sieht es für solch gut ausgebildete Frauen auf dem Heiratsmarkt eher düster aus. Obwohl ihnen eine grosse Gruppe beruflich weniger gut ausgebildeter Männer gegenübersteht, sind dies offenbar unattraktive Partner. Wenn nämlich eine Akademikerin einen Mann mit niedrigerem sozialem Status wählt, ist der Preis durch die Mehrfachbelastung mit Beruf, Familie und Haushalt besonders hoch. Dies zumindest will die Studie belegen: Je mehr Frauen die Ernährerrolle übernehmen und den Mann dabei überflügeln, desto mehr arbeiten sie auch im Haushalt. Denn solche  Männer – so die Argumentation - könnten ihre schon angeschlagene Geschlechtsidentität nicht noch stärker gefährden, wenn sie auch noch bügeln, kochen und die Wohnung putzen.

Gut ausgebildete Frauen stehen somit vor einem Dilemma: Lieber darauf verzichten, einen Partner zu finden oder sich mit dem für sie schlechteren zufriedenzugeben? Der Heiratsmarkt wird für sie immer problematischer. So erstaunt es auch kaum, dass die Single-Quote bei gut qualifizierten Akademikerinnen besonders hoch ist.

Wäre es für solche Frauen besser, wenn unsere Gesellschaft so funktionieren würde, wie dies die Ökonomie sagt? Derjenige, der weniger arbeitet, macht den Haushalt, wer erfolgreicher im Job ist, bringt mehr Geld nach Hause...?

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